Mittwoch, 15. September 2010

Neue Homepage

Ich gönn mir jetzt mal ne eigene Internetseite. Das Blog wird erstmal unter der Rubrik "Logbuch" eingebunden, bis sich eine andere Lösung findet...

Freitag, 3. September 2010

Mahlzeit

Das Unwort des Jahrtausends

Jedes Jahr bin ich gespannt, welches Wort nun als das „Unwort des Jahres“ gekürt wird. Und eigentlich finde ich die Wahl, die in Frankfurt/Main getroffen wird, immer recht überzeugend. Allerdings ist es mir noch nie gelungen, mein persönliches „Unwort des Jahrtausends“ einzuschmuggeln. Es lautet „Mahlzeit“. Es gibt wenige Wörter in der deutschen Sprache, die derartig standardmäßig ausgespuckt werden, wenn sich Menschen begegnen. Als ich einmal einen Monat bei einer großen deutschen Raubrittergesellschaft (sprich: Versicherung) gejobbt habe, kam ich gleich am ersten Tag mit dem „Mahlzeit“-Trauma meines Lebens nach Hause. Schon eine Stunde nach Arbeitsantritt hatten mich mindestens 20 Leute mit „Mahlzeit!“ angesprochen und mein Chef hatte sie ebenso zurück „gegrüßt“.

Niemand konnte mir bisher schlüssig erläutern, was denn nun „Mahlzeit“ eigentlich heißt. Die eine Theorie geht davon aus, dass es sich um die Ansage handelt, dass es bald Zeit zur Nahrungsaufnahme (also „Zeit für das Mahl“) ist. Da die individuellen Zeiten des Mahles aber verschieden sind (manche Menschen essen z.B. schon um 11.30 Uhr zu Mittag, andere erst gegen 15.00 Uhr) und das subjektive Hungergefühl dem Menschen sowieso signalisiert, wann es Zeit für das Mahl ist, kann diese Theorie verworfen werden. Auch gibt es in der deutschen Sprache keinen Ausdruck, der einen darauf hinweist, dass es nun Zeit zum Arbeiten („Qualzeit!“), für die Rechnung („Zahlzeit!“) oder den Geschlechtsverkehr ist („Coitalzeit!“)

Eine andere Theorie beruht auf der Beobachtung, dass sich Menschen vor vollen Tellern ebenfalls „Mahlzeit“ wünschen, um deutlich zu machen, dass sich alle jetzt etwas Zeit für das köstliche Mahl nehmen sollen. Aber mit der Zeit ist das so eine Sache: man hat sie oder man hat sie nicht. Ob da nun ein mehr oder weniger gutes Essen auf dem Tisch steht, ist gänzlich irrelevant. Diese Theorie ist damit ebenfalls widerlegt.

Darum bleibt nur noch folgendes: Mit „Mahlzeit“ begrüßen sich Menschen, die sich entweder sonst nichts zu sagen haben oder sich nicht so mögen. „Mahlzeit“ sagt zum einen nichts aus, hält also den das Gegenüber auf Abstand. Und „Mahlzeit“ beinhaltet auch keinen positiven Wunsch wie „Guten Morgen“ oder „Guten Appetit“. Schlussfolgerung: Wer den anderen nicht kennt oder kennen lernen will, wer den anderen nicht mag, grüßt also mit „Mahlzeit“.

Trotzdem assoziiere ich mit dem Wort „Mahlzeit“ immer noch „essen“. Wer mich also mit „Mahlzeit“ grüßt, bekommt ein munteres „Guten Appetit“ aus meinem Munde. Die Gesichter ziehen sich dabei immer einen Meter in die Länge, aber „Schallwellen werden von dichtstehenden Bäumen reflektiert.“ Mahlzeit!